Hannes

Wir suchen Talente, um weiterhin vorn dabei zu sein.

von Hannes

Die deutsche UWR Nationalmannschaft bei der WM 2011 in Helsinki.
(Foto: Markus Bjuren, Bromma Caviar)

Im letzten Jahr erreichte die deutsche UWR Herren-National­mann­schaft bei der Welt­meister­schaft in Helsinki die Silbermedaille, das beste WM-Ergebnis einer deutschen Herrenmannschaft seit 1983. Vom Trainerstab ist nach dem Turnier nur Bundestrainer Wilhelm Nier ge­blie­ben, seine Co-Trainer Felix Benedikt und Sebastian Russo mussten leider aufhören.


Bundestrainer Wilhelm Nier
(Foto: VDST)

Die nächste große Herausforderung steht erst wieder 2013 mit der Europameisterschaft in Spanien an. Wie wird diese lange Zeit genutzt, wie geht es bis dahin bei den Herren weiter?

Wilhelm Nier: Wir werden an den Erfolgskurs der letzten beiden Meister­schaf­ten anknüpfen, aber natürlich hier und da Änderungen einführen. In diesem Jahr steht die Mitteleuropäische Meisterschaft in Tschechien an, zu der eine Auswahlmannschaft fahren wird, und im Herbst beginnen wir dann mit den Vorbereitungen für die nächste Europameisterschaft. Bis dahin sichten wir neue Talente und stellen die Spieler auf die kommenden Herausforderungen ein. Natürlich wird es nach dem Wegfall von Felix und Seba auch neue Co-Trainer geben.

Neue Talente klingt gut, aber wie kommen eigentlich neue Spieler in den Kader?

Nier: Wir bieten Sichtungslehrgänge an, zu denen jeder Landesverbands­trainer seine Sportler anmelden kann. Talente, die uns besonders auffallen, sprechen wir natürlich auch direkt an und laden diese zum Lehrgang ein. Die dritte Möglichkeit ist, dass uns besondere Spieler von anderen Kaderspielern em­pfoh­len werden.
Die nächsten beiden Termine sind übrigens der 28./29. Januar (in Ober­hau­sen) und der 03./04. März (Ort steht noch nicht fest). Die weiteren Termine stehen auf der VDST Webseite.

Machen wir doch mal ein konkretes Beispiel. Was müsste ein junger Spieler, der weder von Dir angesprochen noch von einem Nationalspieler empfohlen wurde, machen, um zur Sichtung zu kommen?

Nier: Also als Erstes sollte er sich bei seinem Landesverbandstrainer melden und dort zum Landesverbandstraining gehen. Sollte das nicht funktionieren, kann er sich Zweitens an einen Nationalspieler oder den Trainerstab wenden. In einem solchen Fall würde ich selber zum Training des Spielers fahren oder einen anderen Trainer/Nationalspieler beauftra­gen, dies zu machen. Voraussetzungen wären für mich, dass er gut mit dem Ball umgehen kann und körperlich völlig fit ist. Seine Testzeiten (s.u.) müssen in einem vernünftigen Rahmen sein. Natürlich ist eine gewisse körperliche Stärke auch von Vorteil, gerade wenn sie gepaart ist mit Wendigkeit unter Wasser.

Also gut, Einladung erhalten, es geht los. Wie muss man sich einen Sichtungslehrgang vorstellen, was passiert dort?

Nier: Auf dem Lehrgang im Januar z.B. werden uns die Spieler bei den gestell­ten Aufgaben (Torangriffe, Konterangriffe und Eröffnungen) zeigen, ob sie theoretische Anweisungen im Wasser umsetzen können. Beim Spiel in unter­schiedlichen Konstellationen schauen wir uns den Spielwitz, Ball­sicher­heit, Spielverständnis und die Spielweise an.
Im Rugby kann ein einzelner Spieler ein Spiel entscheiden – sowohl im positi­ven wie auch im negativen Sinne – daher versuchen wir die Spieler auch immer wieder in Situationen zu bringen, in denen sie Verantwortung für sich und die Mannschaft übernehmen müssen. Schließlich besteht eine Mannschaft nicht nur aus 15 Einzelspielern sondern wird erst stark, wenn jeder auf jeden achtet und sich für ihn einsetzt. Erst dann kann man wirklich von einem Team sprechen und das gilt im und außerhalb des Wassers. Daher achten wir natür­lich verstärkt darauf ob ein Spieler auch ein Teamplayer ist.
Schließlich wird noch mit unserem Standardtest (200m FS; 200m ST und 3*25m ST) der Konditionsstand der Spieler abgefragt.

Das ist ja von allem etwas. Aber der Test klingt ziemlich hart. Kommen in den Kader nur noch Spieler die auch besonders schnell sind? Dann bestünde die Nationalmannschaft ja bald nur noch aus Flossenschwimmern.

Nier: Der Test umfasst vom gesamten Wochenende nur einen geringen – wenn auch wichtigen – Teil, der Rest ist dem Rugby vorbehalten. Die Gewich­tung des Tests kann auch nicht nur an den Zeiten festgemacht werden, dann hätten wir in der Tat sehr schnell nur noch „Schwimmertypen“ im Kader. Die Ergebnisse müssen auch im Kontext zur Spielerpersönlichkeit gesehen wer­den. Trotzdem sollte natürlich jeder der in der Nationalmannschaft spielt auf einem konditionellen Niveau in Augenhöhe zu seinen Mannschaftskollegen stehen. Ansonsten wird es schwer sich auch im Rugby zu behaupten, da dann das Spiel schnell an einem vorbeilaufen könnte.

Welche Zeiten müssten den so geschwommen werden?

Nier: In der Nationalmannschaft werden zurzeit folgende Zeiten abgeliefert:
200m FS: Bestzeit 1:54 Min., ØKader 2:08 Min.
200m ST: Bestzeit 1:58 Min., ØKader 2:17 Min.
Ø3*25m ST: Bestzeit 9,7 s, ØKader 10,5 s
Um einigermaßen vernünftig mitspielen zu können, sollten die Spieler also bei den 200m FS unter 2:30 Min. und bei 200m ST unter 2:45 Min. schwimmen / tauchen. Gerade am Anfang können die Zeiten meist sehr schnell verkürzt werden.
Und wie schon gesagt ist die Schnelligkeit im Wasser nicht das einzige Kriterium um in der Nationalmannschaft erfolgreich zu sein. Am Anfang achten wir eher auf die Spielübersicht, das Erkennen von Spielsituationen, die Positionierung zum Ball, also auch das Spiel ohne Ball. Wie geht jemand mit dem Ball um, wenn er von mehreren Gegnern attackiert wird, wie ist seine Ballsicherheit? Wenn jemand dann auch am Korb seine Stärke zeigen kann und diszipliniert den Anweisungen (z.B. bei der Einübung von bestimmten Standardsituationen) folgt und diese im Wasser umsetzt, steht einer Einla­dung zu einem weiteren Lehrgang nichts im Wege. An den Schwimmzeiten kann und wird man immer arbeiten können.

Letzte Frage: Stehen die neuen Co-Trainer schon fest?

Nier: Ja, ich konnte zwei sehr erfahrene Spieler und Trainer zur Unterstützung gewinnen. Ab sofort wird mir Roland Wiesner zur Seite stehen, und nach dem Sommer kommt Steffen Rost dazu.

Wilhelm, danke für das Interview. Und ich freu mich schon mal, die Co-Trainer bald genauer vorstellen zu dürfen.

Hannes

6 Kommentare zu Wir suchen Talente, um weiterhin vorn dabei zu sein.

  1. scotti schreibt:

    Hannes,
    gratuliere, Dein bislang bester Bericht! Weiter so!

  2. keyhan schreibt:

    Danke für das interessante Interview.

  3. Schenkeli schreibt:

    Wirklich toller Bericht und von eurer Professionalität kann man nur lernen.

    Drei inhaltliche Fragen habe ich:
    1) Wie läuft der Ø3*25m ST Test ab: Drei mal 25m tauchen (Abstoßen am Beckenrand und Anschlagen am anderen Rand) und daraus den Durchschnitt errechnen?

    2) War Steffen bei der WM nicht noch Teil der Mannschaft? Zieht er sich also als aktiver Kaderspieler zurück?

    3) Ist Roland Wiesner irgendwie mit Uwe Wiesner verwandt?

    lg aus dem Süden,
    Thomas

    • Roland schreibt:

      @Schenkeli

      3) Ja

    • Hannes schreibt:

      Thomas, 3 * 25m ST ist wie von dir beschrieben. 3x 1 Bahn tauchen, dazwischen zurück schwimmen.

      Ja, Steffen war in Helsinki noch als Spieler dabei, ich nehme an, dass er bei der nächsten Meisterschaft nicht mehr spielen wird.

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