Hannes

Cali: Kolumbianische Herren verpassen Sensation

von Hannes

Heute konnten sowohl die deutschen Damen wie auch die Herren ihre Spiele souverän gewinnen. Das eigentliche Highlight des Tages war aber das Gruppenspiel des Weltmeisters gegen den Gastgeber. Und nicht nur durch Spannung sondern ebenso durch eine unglaublich emotionale Atmosphäre und Stimmung bewies diese Begegnung welchen unvorstellbaren Stellenwert Unterwasserrugby in Kolumbien einnimmt. Die Ränge waren bereits lange vor dem Spiel voll und für Zuschauer blieb daher nur noch in wenigen Bereichen rund um das Wettkampfbecken überhaupt Platz um etwas zu sehen. Einheimische drängelten sich zudem hinter den Wänden und verfolgten das Geschehen durch Schlitze.

Spiel Norwegen - Kolumbien vor voller Tribüne 2-1 für den Weltmeister nach 30min (Foto: T. Stanschus)

Spiel Norwegen – Kolumbien vor voller Tribüne 2-1 für den Weltmeister nach 30min (Foto: T. Stanschus)

Und dann geschah auch noch das unglaubliche: Der Außenseiter Kolumbien, immerhin noch nie auf einer Weltmeisterschaft eine Medaille gewonnen, ging bereits nach 3. Minuten 1:0 in Führung. Wie bereits bei den deutschen Damen, ist nun wohl auch Norwegen Opfer der ungewöhnlichen „Anpiffmethode“ der Schiedsrichter geworden. Kolumbien nutze diese Unsicherheit Norwegens eiskalt mit einem schnell ausgeführten Freiwurf und dem 1:0 Führungstreffer aus. Dabei sind im Becken sogar zwei Unterwasserhupen installiert, dennoch neigen die Schiedsrichter dazu neuerdings mit einer „Pfeife“ das Spiel freizugeben. Aber nicht die Schiedsrichter waren das besondere, sondern die immer wieder gefährlichen Konter der Kolumbianer. Kannte man dieses Konterspiel in der Vergangenheit nur von Norwegen, schien es als sei gerade diese so konterstarke Mannschaft gegen ihre eigene Spielweise anfällig.

Glück für die Weltmeister, dass Kolumbien zahlreiche gute Chancen, darunter auch 1 gegen 1 auf den norwegischen Torwart, erfolglos passieren ließ.
Norwegen hingegen fand nach der frühen Führung und ein paar Wechseln in der Halbzeit deutlich besser ins Spiel. In der 20. Min. erzielte Norwegen quasi in einem Kraftakt den 1:1 Ausgleichstreffer. Gefühlte 10 Spieler waren in dieser Situation um den kolumbianischen Korb. In den weiteren Spielminuten folgte ein Schlagabtausch auf beiden Körben, der in der 27. Spielminute nach einer lange und heftigen Druckphase zu einem Strafwurf gegen Kolumbien führte. Björnerem verwandelte diesen bereits nach 5 Sekunden und lies dem kolumbianischen Torwart dabei keine Chance. Die 2:1 Führung spielten die Norweger dann wieder gewohnt souverän über die Zeit.

Kolumbien war in dieser Begegnung mit Sicherheit nicht die schlechtere Mannschaft, jedoch mit einer schlechten Torchancenausbeute. Wenn dieses Team Tore schießen lernt, wird sie eine gefährliche Herausforderung für jedes Team dieser Welt.

Marion Schlue erlöst die deutschen Damen

Die deutschen Damen kämpfen sich zurück ins Turnier, hier mit Monika Rost (Nr. 4) (Foto: T. Stanschus)

Die deutschen Damen kämpfen sich zurück ins Turnier, hier mit Monika Rost (Nr. 4) (Foto: T. Stanschus)

Bei den Damen lief heute alles rund. Die Nervosität des ersten Spiels war heute wie weggeblasen. Das zeigte sich in der Begegnung gegen die Damen aus Dänemark von Anfang an. Bereits nach zwei Spielminuten machte Schlue (Nr. 9) deutlich, dass für Deutschland nichts weniger als ein klarer Sieg die Ansage ist. Bereits eine Minute später erhöhte Dörflinger zum 2:0. Es folgten bis zur Halbzeit weitere Tore durch Pavlovic (5., 8. Min) und nochmals Schlue (15. Min).

Marion Schlue erzielt das 1-0 gegen Dänemark (Foto: T. Stanschus)

Marion Schlue erzielt das 1-0 gegen Dänemark (Foto: T. Stanschus)

Nach der Halbzeit waren die Däninnen etwas besser aufgestellt, jedoch konnten sie auch im zweiten Durchgang weitere Tore durch die deutschen Damen nicht verhindern. Der 5:0 Halbzeitstand wurde durch ein Kontertor von Kapitänin Nusser (20. Min.), einen Strafwurf von Pavlovic (21. Min.) und dem Abschlusstreffer von Griebl (25. Min) auf den 8:0 Endstand erhöht. Der einzige Wermutstropfen ist, dass es dem deutschen Team nicht gelungen war, ein Überzahlspiel – nachdem eine dänische Spielerin wegen einer Zwickattacke(!) eine Zeitstrafe erhalten hatte – zu einem Torerfolg zu nutzen. Bereits gegen Norwegen hatten sie so eine Chance vertan.

Aber auch so darf man stolz sagen, dass die deutschen Damen mit dem 8:0 wieder klar zu den Titelfavoriten auf dieser Weltmeisterschaft zählen.

Die deutschen Damen beim Singen der Nationalhymne nach dem 8-0 gegen Dänemark (Foto: T. Stanschus)

Die deutschen Damen beim Singen der Nationalhymne nach dem 8-0 gegen Dänemark (Foto: T. Stanschus)

Herren dominieren klar gegen unbekanntes Venezuela

Bei den Herren ging es heute gegen Venezuela, eine Mannschaft die erstmals auf einer WM ist, und bereits gegen Südafrika (29:0) anmerken ließ, dass sie nicht zu unterschätzen ist. Mit dem besseren Torverhältnis im Rücken (32:0) wussten die deutschen Herren, dass man selbst bei einem Unentschieden den Gruppensieg belegen würde.

Dass das allerdings nicht der Anspruch eines Vizeweltmeisters ist, machten die deutschen Herren früh deutlich. Es dauerte zwar etwas bis Deutschland sich auf das massive Forechecking Venezuelas eingestellt hatte, jedoch fiel bereits in Minute vier der erste Treffer durch Dressely. „Venezuela spielt genauso wie Kolumbien – nur eben ohne Torwart“, beschreibt Christian Förschler den Gegner. Und tatsächlich, Venezuela war immer mit 3 bis 4 Spielern um die deutschen Angreifer verteilt, am Tor aber meist nur mit einem Torwart [ohne Verteidiger, Anm.] vertreten. Es folgten neun weitere Treffer (Dingel / 5. und 12. Min, Heckrath / 8. und 11., Schottmüller J. / 8., Pahl / 9. und 13., Lange / 15.) bis zur Halbzeit.

Beim Stand von 10:0 nutzte Deutschland alle drei Wechsel und ließ auch die „Reservisten“ ins Wasser. Zudem wurde das Tempo rausgenommen und klare Vorgaben für die zweite Hälfte von Seiten der Trainer gemacht. Toren von Pahl (18.), Dressely (22.) und Tadda (23.) folgte ein abschließendes sicheres Ballspiel und ein abschließender Treffer von Weißenberger zum 14:0 Endstand.

Deutschland und Venezuela (Foto: privat)

Deutschland und Venezuela (Foto: privat)

Anekdoten:

  • Zum Thema Aufbau erklärte CMAS Unterwasser-Rugby Präsident Hüls im Spaß: „Ich habe das Gefühl, dass die Wettkampfstätte rechtzeitig zum Finale vollständig aufgebaut ist“. Er spricht dabei an, dass jeden Tag etwas Neues die Spieler überrascht.
    So steht beispielsweise seit heute ein großes Sanitätszelt direkt neben der „Offiziellentribüne“ am Beckenrand.
  • Heute war ein offizieller Vertreter der CMAS bei uns beim Abendessen. Er war da um die Qualität sowie die Versorgung unserer Mannschaft im Hotel zu prüfen. Offensichtlich wird ein großes Augenmerk auf die Qualitätssicherung gelegt.
    Man darf sagen, dass wir in unserem Hotel bestens aufgehoben sind. Alle „Sonderwünsche“ und Anfragen werden zeitnah erfüllt. Gestern haben wir kollektiv eine Runde Mannschaftsshirts für einen Pfennigbetrag zur Wäsche aufgeben können.
  • Die lokale Presse berichtet bereits auf Hochtouren über die Weltmeisterschaft. Auf nahezu jeder Tageszeitung am heutigen Tag fand sich ein Unterwasser-Rugby-Foto bereits auf der Titelseite.
  • Ein junger Mitarbeiter des Hotels war heute zu Gast bei unserem Spiel. Ich hatte ihn gefragt ob er sich das anschauen möchte und habe ihm eine Karte besorgt. Er war sehr begeistert und hatte seine Freundin dabei.
  • Am Eingang des Bades werden nicht nur Tickets an Besucher vergeben – der Eintritt ist aktuell frei, jedoch sind die Karten limitiert – sondern auch von Polizisten Taschen- und Metaldetektorenkontrollen durchgeführt.
  • Sebastian Lange hat die Tradition eingeführt, vor jedem Spiel eine Melone am Beckenrand zum Essen vorzubereiten. Die Melone für morgen früh 8 Uhr Ortszeit steht schon bereit.
  • Der gestern vom Mannschaftsführer monierte neonrote Rugbyball wurde nicht ausgetauscht. Er hat tiefe Spuren, die vermutlich von den Böden der Körbe kommen. Die Körbe haben nun eine Matte innen.
  • In Kolumbien ist aktuell Winter, daher kommt es immer mal wieder zu Regenschauern. Heute hat es die Deutschen Damen auf dem Weg zum Wettkampfpool mit einem Regenschauer erwischt. Glücklicherweise sind die Klamotten wenige Minuten nachdem die Sonne rauskommt wieder trocken.
  • Venezuela … wir sind uns nicht sicher wie man die männliche und weibliche Form bildet.
  • Heute haben uns die Norwegerinnen mit einem beeindruckenden Aufwärmprogramm überrascht: Sie haben einfach laut Musik angemacht und getanzt – bereits nach wenigen Minuten hatten sie zahlreiche männliche Fans.
Namhafte lokale Presse berichtet über die WM - Titelseite (Foto: T. Stanschus)

Namhafte lokale Presse berichtet über die WM – Titelseite (Foto: T. Stanschus)

Bericht von Torsten Stanschus (etwas überarbeitet von Hannes)

Hannes

3 Kommentare zu Cali: Kolumbianische Herren verpassen Sensation

  1. Hannes schreibt:

    Heute gibt’s übrigens wieder zwei deutsche Spiele:
    Um 15 Uhr (dt. Zeit) treffen die Herren im Viertelfinale auf Österreich. Alles außer einem Sieg wäre eine Überraschung.
    Und um Mitternacht sind die Damen gegen die USA dran. Sie können es gegen den WM-Neuling ruhig angehen lassen, haben sie den zweiten Platz in der Gruppe doch schon sicher.